Der Titel des im Frühjahr 2024 vor 80 Jahren uraufgeführten Werks bezieht sich auf den 1938 erschienenen Roman „Ein Kind unserer Zeit“ von Ödön von Horváth, in dem dieser vor den Gefahren des Nationalsozialismus warnt.
Nachdem Sir Michael Tippett von der Vorgeschichte der deutschlandweiten Pogrome am 9. November 1938 erfuhr – das Attentat des Herschel Grynszpan auf den deutschen Botschafter in Paris, das die Nationalsozialisten zum Anlass für die sogenannte Reichskristallnacht nahmen – entschloss er sich spontan, diese Vorgänge zum Gegenstand eines Komposition zu machen.
Tippett, der im England der 1930er Jahre die bedrückenden Verhältnisse infolge von wirtschaftlicher Depression und Arbeitslosigkeit erlebt hatte, wollte Stellung zugunsten der Unterprivilegierten, Unterdrückten, und Ausgeschlossenen und gegen Diktatur und Rassismus beziehen. Das Werk entstand zwischen 1939 und 1941, in einer Zeit also, zu der sich das Ausmaß der nationalsozialistischen Gewalt und Unmenschlichkeit immer noch weiter steigerte.
Es klingt mit dem Spiritual „Deep River“, das die Sehnsucht nach dem Gelobten Land zum Ausdruck bringt, hoffnungsvoll aus, eingeleitet durch die Worte: „Here is no final grieving, but abiding hope [immerwährende Hoffnung]. The moving waters renew the earth. It is spring.“
Die Komposition folgt dem Vorbild barocker Passionen, die die Leidensgeschichte Christi beschreiben. Sie besteht aus Chören, Rezitativen und Arien. Anstelle der Choräle verwendet Tippett jedoch fünf kunstvoll gesetzte Spirituals, von denen „Deep River“ einen hoffnungsvollen Schlusspunkt setzt.
Sir Michael Tippett: A child of our time
BERLINER CAPPELLA + Filharmonia Pomorska
Kammerchor der Musikakademie Bydgoszcz
Alessia Schumacher, Merlind Konstanze Pohl,
Patrick Vogel, Simon Robinson
Leitung: Sergi Gili Solé